Highlights in Wien – abseits der Touristenpfade
„Wien, Wien, nur du allein sollst stets die Stadt meiner Träume sein“ – dieses Lied von Rudolf Sieczyński ist nur eines der vielen Lieder, die über die österreichische Hauptstadt geschrieben wurden. Dieses Lied, eines „bekennenden Wieners“ ist in jedem der Heurigenlokale zu hören, oft auch auf Wunsch der Touristen. Millionen Menschen aus aller Welt kommen jedes Jahr nach Wien und sie haben ein festes Programm.
Der Prater, der Stephansdom, die Hofburg und der Naschmarkt gehören zu diesen Programmpunkten, die sich Besucher der Stadt ansehen. Dabei gibt es noch ein zweites, sehr interessantes Wien, und zwar abseits der bekannten Touristenpfade. Wer sich diese oft verschmähten Sehenswürdigkeiten ansieht, lernt ein anderes Wien kennen.
Warum auf den Naschmarkt? Der Brunnenmarkt ist viel schöner
Wer über den weltberühmten Wiener Naschmarkt geht, wird an ein kulinarisches Spießrutenlaufen erinnert. An jedem Stand werden verschiedene Köstlichkeiten angeboten, denn auf dem Naschmarkt sollen die Besucher schließlich etwas naschen. Hier ist aber Vorsicht geboten, denn wer etwas probiert und anschließend nichts kauft, muss mit einer herben Abfuhr rechnen. Es gibt nur wenige Wiener, die auf dem Naschmarkt kaufen, vielen ziehen einen echten Geheimtipp vor: den Brunnenmarkt.
Im 16. Bezirk Ottakring ist der Brunnenmarkt zu finden, den die Wiener nicht nur wegen des besseren Preisniveaus dem Naschmarkt vorziehen. 170 Verkaufsstände hat der beliebte Brunnenmarkt und sie sind so etwas wie das Spiegelbild dieses multikulturellen Wiener Viertels. Auf dem Brunnenmarkt ist Wien exotisch, die Mango kostet einen Euro, es gibt Datteln, Schweineohren, Fisch, wunderbar duftende Gewürze, Käse, Kaffee und vor allem keinen Kommerz.
Mehr Spaß im Böhmischen Prater
Ursprünglich war der Prater einmal das bevorzugte Jagdgebiet der Habsburger Kaiser, erst Kaiser Franz Joseph machte daraus einen Vergnügungspark für seine Untertanen. Heute gehört es zu jedem Wienbesuch dazu, einmal durch den Prater zu schlendern und eine Runde mit dem Riesenrad zu drehen. Im Schatten des klassischen Praters steht der sogenannte Böhmische Prater, der in den 1880er Jahren entstand. Gedacht war dieser kleinere Vergnügungspark für die Arbeiter der nahen Ziegelfabriken und ihren Familien. Sie kamen überwiegend aus Böhmen und Mähren, was dem zweiten Prater auch seinen Namen gegeben hat. Hier gibt es ebenfalls Fahrgeschäfte und einige sorgen für einen ordentlichen Adrenalin-Kick.
Den kleinen Prater zeichnet besonders sein nostalgisches Flair aus. Dort steht beispielsweise das älteste, ganz aus Holz gefertigte Karussell in Europa. Ein Riesenrad gibt es ebenfalls, wenn auch nur ein Kleines. Das Schöne am Böhmischen Prater ist, dass er in das beliebte Erholungsgebiet Laaer Wald übergeht. Von dort aus bietet sich ein herrlicher Blick über Wien, den Leopoldsberg und den geschichtsträchtigen Kahlenberg.
Schloss Schönbrunn? Warum nicht mal die Hermesvilla?
Schloss Schönbrunn kennt jeder, der schon einmal in Wien war, das Sommerschloss der Kaiserin Maria Theresia ist eines der Highlights bei jeden Besuch in Wien. Wer aber kennt schon die Hermesvilla? Sie war ein Geschenk, und zwar von Kaiser Franz Joseph an seine Frau Elisabeth, genannt Sisi. In der Hermesvilla sollte sich die Kaiserin von den Strapazen des Repräsentierens und den vielen Verpflichtungen erholen. Sisi nannte die herrliche Villa zwar das „Schloss ihrer Träume“, aber auf Dauer fühlte sich die reiselustige Kaiserin dort nicht wohl.
Zugegeben, der Treppenaufgang ist etwas düster und das Schlafzimmer hat so viele Decken- und Wandgemälde, dass es erdrückend ist, trotzdem ist die Hermesvilla sehenswert. Das Glanzstück ist das prunkvolle Bett mit dem Doppeladler und der Kaiserkrone. In der Villa soll es übrigens spuken, es wurde mehrfach eine Frau im weißen Gewand gesehen, die durch die Flure schwebte.
Die Wotrubakirche: der etwas andere Stephansdom
Der Stephansdom ist das Wahrzeichen der österreichischen Hauptstadt und ein Sinnbild für den Gigantismus der Kirchen während der Gotik. Dieses Prachtwerk ist der Stolz des Klerus und eine der bekanntesten Kirchen der Welt. Der „Steffl“, wie die Wiener ihren Stephansdom liebevoll nennen, sollte natürlich auf dem Besichtigungsplan stehen, ein klerikales und architektonisches Highlight ist aber auch die Wotrubakirche. Wer jedoch ein konservatives Gotteshaus erwartet, wird wahrscheinlich enttäuscht sein, denn rein äußerlich hat die Wotrubakirche nichts mit einer Kirche im herkömmlichen Sinn zu tun.
Offiziell trägt sie den Namen „Kirche der heiligsten Dreifaltigkeit“, die Wiener kennen sie aber nur unter dem Namen ihres Erbauers Fritz Wotruba. Der 1975 verstorbene Künstler wollte nur eines: provozieren, was ihm auch wunderbar gelungen ist. Das faszinierende Gotteshaus steht mitten im Grünen auf dem Georgenberg und zeigt, dass selbst Schlichtes schön sein kann.
Sisi und die Schönheit im Hofmobiliendepot
Was wäre Wien ohne seine Hofburg? Der Wohnsitz der Habsburger über so viele Jahrhunderte ist eine der größten Sehenswürdigkeiten der Metropole an der Donau. Bei einem Besuch der Hofburg streben viele in die Apartments der seligen Kaiserin Sisi, dabei gibt es im sogenannten Hofmobiliendepot weitaus intimere Details aus dem Leben der Kaiserin. So können in einer der vielen Vitrinen im Hofmobiliendepot die Handschuhe sowie die Strümpfe der legendären Kaiserin bewundert werden. In einer anderen Abteilung dreht sich alles um den Schönheits- und den Körperkult, dem Sisi verfallen war.
Hofmobiliendepot bedeutet eigentlich Möbellager, aber hier gibt es viel mehr zu sehen, als nur alte Möbel. So etwa eine etwas eigenwillige Sammlung von historischen Toiletten, Spucknäpfen, Betten aus der Biedermeierzeit, die Trachtenkleidung des unglücklichen Thronfolgers Prinz Rudolf, ein Thronsessel und der Sarg des Kaisers Maximilian von Mexiko. Wer einen Streifzug durch die Welt des Kuriosen machen möchte, ist im Hofmobiliendepot immer richtig.
Kulinarisches im Kaffeehaus Jelinek
Das Hotel Sacher ist ebenso bekannt wie die vielen Kaffeehäuser in Wien. Wer seinen „kleinen Schwarzen“ aber in einer einzigartigen Atmosphäre trinken will, sollte dem Kaffeehaus Jelinek einen Besuch abstatten. Das Kaffeehaus wurde 1910 im sechsten Wiener Bezirk Mariahilf eröffnet und seitdem ist vermutlich die Decke nicht mehr gestrichen worden: Sie ist gelb vom vielen Tabakqualm der vergangenen Zeiten. Etwas durchgesessen sind auch die Sofas und Stühle aus Plüsch, die farblich unterteilt sind. Grün sind die Plätze am Fenster, auf rotem Plüsch sitzt der Gast auf der Empore mit dem besten Blick und Blau sind die Separees.
Was einen Aufenthalt im Kaffeehaus Jelinek so angenehm macht, sind zum einen die nicht überzogenen Preise, außerdem sind die Tassen etwas voller als in den bekannten Kaffeehäusern. Das Angebot reicht vom „verlängerten Braunen“ bis zum „Einspänner“, einem starken Mokka mit Schlagobers.
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