Second Hand – ein boomender Markt mit Milliardenumsätzen

Second Hand - ein boomender Markt mit Milliardenumsätzen

Jeder, der schon einmal über einen Flohmarkt gebummelt ist, weiß, wie einfach ist es ist, ein Second Hand Schnäppchen zu machen. Ob Mode oder Handtasche, Schuhe oder Bücher – alles kommt zwar aus zweiter Hand, ist dafür aber auch entsprechend günstig. Der gelegentliche Besuch eines Flohmarkts ist aber nur eine Seite des Second Hand Handels. Inzwischen ist mit den Waren aus zweiter Hand ein florierender Markt geworden, auf dem Milliarden umgesetzt werden. Neben Händlern, die sich auf die Second Hand Ware spezialisiert haben, steigen mittlerweile auch bekannte Händler wie Zalando oder About You in den Handel ein.

Flohmarkt war gestern

Der Flohmarkt ist ein Marktplatz für viele Dinge, die andere nicht mehr brauchen. Er hat in seiner klassischen Form aber eher ein Image, was zwischen Armut und Nostalgie liegt, mit cleverem Einkaufen im großen Stil hat das Ganze nichts mehr zu tun. Der Handel mit Waren aus zweiter Hand ist aber nicht nur ein sehr gutes Geschäft, die Händler bedienen damit zugleich den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein. Das Konsumverhalten ändert sich und mit ihm der Zweitmarkt, der immer mehr an Schwung gewinnt. Hier sind alle Marktsegmente zu finden, die Auswahl reicht vom Billigprodukt bis hin zur Luxusware.

Nach einer Erhebung der Statistik-Plattform „Statistika“ haben rund 40 Prozent der Deutschen im letzten Jahr mindestens ein Second Hand Produkt gekauft, und die Tendenz ist weiter steigend. Die Boston Consulting Group hat ausgerechnet, dass das weltweite Volumen dieses Marktes inzwischen bei 34 Millionen Euro liegt und bis zur Mitte dieses Jahrzehnts wird ein Wachstum von mehr als 20 Prozent erwartet. Die Konsumenten wissen, wie sie sich den Traum von der Luxushandtasche erfüllen können.

Second Hand – Zum Wegwerfen zu schade

Corona hat diesem Konsumtrend einen neuen, zusätzlichen Schub gegeben. Gut zwei Drittel der Verbraucher haben seit dem Beginn der globalen Pandemie ihre Kleiderschränke und Kommoden genauer unter die Lupe genommen. Anschließend wurde tüchtig ausgemistet und Kleidung, Taschen und Schuhe, Spiele und Bücher wurden im Internet zu barem Geld gemacht. An der Spitze der Beliebtheitsskala stehen aber eindeutig Schuhe und Kleidung, davon können sich die Menschen besonders leicht trennen. Dann folgen Bücher und Medien, Unterhaltungselektronik, das Schlusslicht bilden schließlich die Möbel. Viele Menschen nennen als Hauptmotivation für den Verkauf, dass vieles einfach zu schade ist, um es wegzuwerfen. Ein weiterer Grund, der genannt wurde, ist der Wunsch, in den eigenen vier Wänden wieder mehr Platz zu schaffen. Rund 31 Prozent der Deutschen gaben bei einer Umfrage an, dass sie heute mehr oder sogar viel mehr aus zweiter Hand kaufen als es früher der Fall war.

Investoren verdienen Milliarden

Lange hat es nicht gedauert, bis Investoren den Markt mit Dingen aus zweiter Hand für sich entdeckt haben. Sie sehen im Second Hand Boom eine große Chance für eine sehr lukrative, finanzielle Anlage. So kaufte das „Vestiaire Collective“ allein in einer Woche Luxusmode, edle Handtaschen und Schuhe aus zweiter Hand für 178 Millionen Euro ein. Für die Investorengruppe war dies schon der zweite Großeinkauf in dieser Höhe im Jahr 2021. Die Chance für ein gutes Geschäft sehen auch die japanische Softbank-Gruppe und der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore. Er kauft über die von ihm geleiteten Fonds „Generation Investment Management“, in der ganzen Welt Second Hand Ware ein.

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Anstrengen muss sich kein Investor für sein Geld, denn der Markt mit allem, was aus zweiter Hand kommt, läuft von allein.

Nichts für den Normalverbraucher

Mit dem angestaubten Image und dem Mief der Kleiderkammern haben die neue Second Hand Märkte nichts mehr zu tun. Dies wird jedem sehr schnell klar, wenn er einen Blick auf die Preise wirft. Da gibt es auf der Seite von „Vestiaire Collective“ die Handtasche aus dem Hause Louis Vuitton schon für 800 Euro und das nachtblaue Top aus Seide von Balenciaga ist für knapp 490 Euro zu haben. Wer nach einem „günstigen“ Collier aus Silber von Bulgari sucht, wird ebenfalls fündig, wenn er bereit ist, knapp 2400 Euro dafür auszugeben.

Ein Markt, der ganz eigenen Gesetzen folgt, ist der Zweitmarkt für Sneakers. Erfolgreiche Anbieter, wie beispielsweise „StockX“, haben ein Marktvolumen weltweit von mehr als sechs Milliarden Euro, was auf dem Markt für neue Sneakers immerhin einem Anteil von sechs Prozent entsprechen würde. Sportschuhe im eigentlichen Sinne sind Sneakers nicht mehr, sondern Statussymbole, deren Modelle zu aberwitzigen Preisen gehandelt werden. Inzwischen werden Sneakers neben Gold, Silber oder Armbanduhren im Luxussegment als reale Anlageprodukte gehandelt.

Die Zahl der Second Hand Bestellungen steigt ständig

„Vestiaire Collective“ wurde mittlerweile als Unternehmen mit 1,7 Milliarden Euro bewertet. Dies mag daran liegen, dass die Investoren schon auf die hohen Wachstumsraten am oberen Ende des Zweitmarktes schauen. Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen die Bestellungen weltweit um mehr als 90 Prozent steigern. Auf dem größten Second Hand Markt in den USA sind es 100 Prozent und auf dem größten Markt der Welt, in Asien, sind es sogar 150 Prozent. Gute Geschäfte versprechen sich auch die Hersteller von Neuwaren. So hat „Zalando“ die Second Hand Marke „Zircle“ ins Leben gerufen und der schwedische Moderiese H&M kooperiert schon seit einigen Jahren mit der Plattform „Mädchenflohmarkt“.

Dass die Zahl der Bestellung ständig steigt, liegt ebenfalls an dem immer schnelleren Wechsel der Kollektionen. Dies macht es erst möglich, dass die Kleidung nur wenige Male getragen und anschließend weggeworfen wird. Damit heizt die Bekleidungsindustrie den enormen Konsum von globalen Rohstoffen und Energie erst recht an.

Besser für die Umwelt?

Die Öko-Organisation „Greenpeace“ schätzt, dass sich die Zahl der weltweit produzierten Kleidungsstücke seit der Jahrtausendwende auf mehr als 100 Millionen Teile verdoppelt hat. Nach einer Studie der Barclays Bank ist allein die Modebranche für mehr als acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, was mehr ist, als der komplette Flug- und Schiffsverkehr weltweit. Nicht sehr viel besser sieht es mit den Elektrogeräten aus. Hier haben sich die Teile, die entsorgt wurden, in nur fünf Jahren verdoppelt. So sitzt die Welt auf einem riesigen Berg von 52 Millionen Tonnen aus Kunststoff, Kabeln und vor allem wertvollen Rohstoffen.

Wenn die vielen Smartphones und Tablets, die Hosen und die Schuhe, die Bücher und vieles mehr ein zweites Leben bekommen, kann das effektiv dabei helfen, den inzwischen ausufernden Verbrauch an Ressourcen endlich in den Griff zu bekommen.

Bild: @ depositphotos.com / Dmyrto_Z