Waldbaden – eine Therapie mit der Kraft der Natur
Sehr viele Menschen machen lange Spaziergänge im Wald und fühlen sich anschließend entspannt und erholt. Waldspaziergänge können außerdem heilsam für die Seele sein und sich positiv auf das allgemeine Wohlbefinden auswirken, was sich sogar wissenschaftlich nachweisen lässt. Viele zieht es beispielsweise bei seelischem Leid intuitiv in den Wald mit seiner vielschichtigen Natur. Wer gerne im Wald einen Spaziergang macht, wird sich wahrscheinlich auch mit dem neuen Trend des Waldbadens anfreunden können.
Zugegeben, Waldbaden klingt etwas komisch, ist aber ein erprobtes Mittel, um Stress besser bewältigen zu können, zumindest in Japan. Dort wurde das Waldbaden erfunden und inzwischen erfreut sich diese besondere Art des Badens auch in Europa einer wachsenden Beliebtheit.
Eine erprobte Therapie
Immer mehr Menschen leiden in der heutigen Zeit an Erkrankungen wie einem Burn-out, die durch zunehmenden Stress und einem immer größer werdenden sozialen Druck entstehen. In der Folge kommt es zu Anspannungen, zu einer inneren Unruhe und nicht selten zu massiven Schlafstörungen. Viele fühlen sich vom Alltag einfach überfordert, sie stehen ständig unter Strom und versuchen verzweifelt, ihr inneres Gleichgewicht wiederzufinden. Die sogenannte Work-Life-Balance ist ein wichtiger Bestandteil, um ein gesundes Leben zu führen, das Waldbaden kann ein Teil davon sein.
Shinrin-Yoku – so wird das Waldbaden in Japan genannt. Übersetzt heißt es aber „Baden in der Waldluft“. Wer sich darunter eine Badewanne in einem Mischwald vorstellt, liegt völlig falsch. Die sogenannte Waldmedizin wird an japanischen Universitäten gelehrt und sehr genau erforscht. Schon seit Jahrzehnten wird diese Form der Therapie von Fachärzten angeboten, in den USA ist das Waldbaden bereits als Therapie anerkannt. Jetzt ist der Trend auch in Deutschland angekommen und Forscher hierzulande beschäftigen sich mit diesem Phänomen.
Was kann Waldbaden bewirken?
Waldbaden bedeutet nicht, in Bächen oder Teichen im Wald ein Bad zu nehmen, beim Waldbaden wird nur die Natur in der Umgebung bewusstermit allen Sinnen wahrgenommen. Es ist der Blick in das grüne Blätterdach des Waldes, der immer etwas modrige Geruch des Waldbodens, das Ertasten der rauen Baumrinde und das Hören des stetigen Raschelns der Blätter. Der Mensch soll sich in erster Linie an der Schönheit der Natur erfreuen, was die Seele beruhigt und bestärkt. Auf diese Weise fällt es leichter, Abstand vom stressigen und hektischen Alltag zu bekommen.
Die positive Wirkung des Waldbadens wurde in vielen Studien untersucht. Alle diese Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass ein mehrere Tage dauernder Ausflug in den Wald das Immunsystem stärkt und vor Krebs schützen kann. Neben dem Körper kann vor allem die Seele von einem Waldbad profitieren. Wer unter depressiven Verstimmungen und sogar unter einem Burn-out leidet, für den kann der Wald das passende Stressventil sein, denn im Wald können die innere Unruhe und der Druck wunderbar abgebaut werden.
Ein intensives Erleben der Natur
Waldbaden wird von den meisten Menschen als eine Wohltat empfunden. Es ist nachweislich ein Mittel, um Stress besser bewältigen zu können und für eine entspannte Lebenshaltung zu sorgen. Allerdings gibt es einige Aspekte, die vor dem Ausflug in den Wald beachtet werden müssen. Nicht jeder Spaziergang im Wald ist auch gleich ein Waldbad, denn bei diesem einzigartigen Bad stehen die entspannenden Komponenten an erster Stelle.
Richtig atmen lernen
Dass bewusstes Atmen eine sehr gute Entspannungstechnik ist, die das körperliche Befinden positiv beeinflussen kann, ist bekannt. Wer langsam und tief atmet, beruhigt seinen Puls. Ist die Atmung hingegen flach und schnell, dann steigt der Puls und es folgen Angst und Nervosität. Beim Waldbaden wird deshalb auf eine tiefe und ruhige Atmung geachtet, die man auch in einer Waldbaden Ausbildung erlernen kann. Der Körper kann sich ganz gezielt beruhigen, zugleich profitieren die Lungen noch von der frischen klaren Waldluft.
Alle Lebewesen auf dieser Erde stehen in einer ständigen Kommunikation miteinander. Menschen haben dazu die Sprache, ihre Gestik und ihre Mimik. Pflanzen hingegen „unterhalten“ sich mit der Hilfe von chemischen Botenstoffen über die Luft. Alle diese Stoffe nehmen Menschen auf, indem sie atmen. Damit wird im Körper das Immunsystem gestärkt, der Mensch wird belastbarer und er bekommt wieder neue Kraft für den anstrengenden Alltag.
Zeit ist der wichtigste Faktor
Alle, die ein Waldbad ausprobieren möchten, müssen viel Zeit mitbringen. Zwar entfaltet sich die Kraft des Waldbads bereits nach wenigen Minuten, aber wenn Körper und Geist wirklich profitieren wollen, sollten einige Stunden, wenn nicht sogar Tage eingeplant werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viele Kilometer durch den Wald gewandert wird, sondern vielmehr um das bewusste Erleben der Natur. Vorsicht ist bei anstrengenden Waldmärschen geboten, denn die können den Stresspegel deutlich erhöhen. Gemütlich zu gehen, ist die bessere Wahl und falls es an einem Ort besonders schön ist, dann heißt es Zeit nehmen, um dort eine längere Pause zu machen. Erfolg hat nicht, wer die größte Distanz zurücklegt, es ist vielmehr derjenige, der sich die Zeit nimmt, um sich der Natur bewusst zu werden.
Um Stress in Zukunft besser bewältigen zu können, ist es wichtig, so viel Zeit wie möglich im Wald zu verbringen. Ein Tag ist ideal, vier Stunden sind das Minimum. Alle, die mit dem Waldbaden ihre körperliche Abwehr stärken möchten, müssen mehr als einen Tagesausflug in die Natur einplanen. Hier sollten es nach Möglichkeit zwei oder drei Tage sein. Ideal ist es, das Waldbaden beispielsweise mit einem Wellnesswochenende zu verbinden.
Meditation und individuelle Bedürfnisse
Waldbaden und Meditation passen wunderbar zusammen. Allein der Spaziergang durch den Wald ist bereits eine Art Meditation, bei dem sich jeder auf seine Atmung konzentrieren kann. Zu einem Waldbad muss aber nicht unbedingt eine Meditation gehören, wer möchte, kann in den Ruhepausen auch ein Buch lesen und sich auf diese Weise entspannen. Wichtig ist es, die Gedanken zur Ruhe zu bringen und die Aufmerksamkeit auf den Wald mit seinen vielen Eindrücken zu konzentrieren.
Wer sich für das Waldbaden interessiert, sollte sich vorher ausführlich über diese Form der Entspannungstherapie informieren. Es ist hilfreich, sich an den Maßstäben für das Waldbaden zu orientieren, um es nach den eigenen, individuellen Bedürfnissen gestalten zu können. Viele wollen bei einem Waldbad weder meditieren noch lesen, sie entspannen sich allein beim Gang durch den Wald. Hier ist es wichtig, immer wieder Pausen zu machen und stets in der Geschwindigkeit zu gehen, die sich besonders angenehm anfühlt.
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